Im Anschluss an den Vortrag mit dem Titel "Was können wir gegen die Lichtverschmutzung tun?", den Dr. Matthias Engel am 27.02.2015 auf Einladung der Volkshochschule und des NABU Göppingen gehalten hat, fand ein ausführliches Gespräch mit den zahlreichen Teilnehmern des Kurses statt, mit interessante Impulsen.
Es kam die Frage auf, warum die offensichtlichen Probleme durch Lichtverschmutzung nicht schon viel länger behoben werden, z. B. allein aus finanziellen Aspekten. Grund hierfür mag sein, dass künstliches Licht grundsätzlich positiv besetzt ist, und die Lichtverschmutzung kein so offensichtliches Umweltproblem ist wie z. B. Luftverschmutzung oder eine Ölkatastrophe. Beim Licht fehlt einfach oft die Sensibilisierung für dessen Schattenseiten. In Fachkreisen sind die Probleme durch Licht längst bekannt, z. B. in der Fachgruppe Dark Sky. Viele Auswirkungen sind aber auch noch Gegenstand aktueller Forschung, z. B. im Rahmen von "Verlust der Nacht" in Berlin. Diese Forschung und das UNESCO-Jahr des Lichts 2015 lassen hoffen, dass das Thema weiter in den Fokus der Öffentlichkeit rückt.
Ein Hobbyastronom bestätigte, dass die Lichtverschmutzung in der Region in den letzten 30 Jahren deutlich zugenommen habe. Während er früher noch am Ortsrand beobachten konnte, müsse er heute weit weg fahren. Auch die Verwendung von optischen Filtern am Teleskop, mit denen störende Lichtanteile herausgefiltert werden konnten, sei nun kaum mehr möglich, da sich durch die LEDs das Lichtspektrum verändert hat. Auch sei ein Wandel in der Beleuchtungsart festzustellen. Während früher ein Neonröhren-Schriftzug als dezente Firmenwerbung ausreichte, wird heute oftmals das gesamte Gebäude erhellt. Es wurden Beispiele genannt, bei denen neben dem Nachthimmel auch gleich der umgebende Wald mit beleuchtet wird.
Die Neue Mitte in Göppingen, seit jeher umstritten, war auch ein deutlicher Kritikpunkt. Die Vielzahl sinnloser Bodenstrahler sei eine "Frechheit". Man müsse hier viel mehr bei den Architekten und Planern intervenieren. Oftmals ist es nicht einmal böse Absicht, sondern einfach mangelnde Sensibilisierung der Planer, und das Berufen auf die künstlerische Freiheit. Hier ist auf jeden Fall mehr Wissensvermittlung nötig.
Hingewiesen wurde auf die Möglichkeiten durch das Baurecht, über das man viele Grundsätze, z. B. in Neubaugebieten und bei Umrüstungen regeln könne, und zwar bevor es zu spät ist. So wäre eigentlich nicht einmal ein Landesgesetz o. ä. nötig. Allerdings hat die Erfahrung gezeigt, dass die Verbesserungsvorschläge "von unten" nur bedingt wirksam sind, wenn eine verpflichtende Richtlinie "von oben" fehlt. Auf jeden Fall ist ein langer Atem gefragt, wenn man sich für die Reduzierung von Lichtverschutzung einsetzt, aber es lohnt sich. Wenn man gezielt Kontakt zu Entscheidungsträgern aufnimmt oder solche kennt, lässt sich da einiges erreichen, zumal mit entsprechend vorbereiteten Musterbriefen und Musteranträgen, die die wichtigen Eckpunkt festlegen. Auf der Sternenpark-Internetseite kann man solche Musterbriefe anfordern. Zudem sollten rechtliche Möglichkeiten zur Eindämmung störender Beleuchtung geprüft werden. Auch das Engagement Einzelner in Schlüsselpositionen könne viel bringen, z. B. wenn es um die Ausführung der Beleuchtung (oder Nichtbeleuchtung) von Wahrzeichen geht.
Thema war auch der Interessenkonflikt zwischen umweltgerechter Beleuchtung, Leuchtenherstellern und Energieversorgern. Umweltgerechte Beleuchtung hat eigentlich jeder Hersteller im Angebot - sie muss nur verstärkt nachgefragt werden. Manche Entscheidungen in den Gemeinderäten gehen da mangels Fachwissen leider in die falsche Richtung - und Herstellern und Energieversorgern ist es letztlich egal, was sie verkaufen. Wenn es dann die tagsüber dekorative aber lichttechnisch ungünstige Leuchte sein soll, verkaufen sie auch diese. Eine bewusste Trennung zwischen technischer und dekorativer Beleuchtung könnte da weiterhelfen, anstatt alles in ungünstiges Licht zu tauchen. Hierzu kommt auch, dass oftmals eine technisch schlechte Beleuchtungslösung beibehalten wird, weil man die "schon immer so hat" und durch Gleichteile Geld spart, aber der richtige Weg wäre es, die Weichen für die Zukunft zu stellen und auf die richtige, umweltgerechte Beleuchtung zu setzen.
In kleinerer Runde wurden dann noch viele weitere Fragen und Erfahrungen zu Lichtverschmutzung besprochen, zu der eigentlich jeder ein passendes Beispiel in seinem Umfeld nennen kann. Man musste nur aus dem Fenster blicken. Auch in anderen Bereichen ist ein Wandel im Umgang mit Licht zu beobachten, leider in die Richtung "mehr davon". So kommen viele Autos nicht mehr ohne Rundum-Beleuchtung und Coming-home-Licht aus, sobald man auf die Fernbedienung drückt. Wie haben die Leute früher ihr Auto gefunden?"