Vom 30.03-04.04.2014 fand in Frankfurt die Light+Building statt, die Weltleitmesse für Licht und Gebäudetechnik. Dort war also auch eine große Zahl an Straßen- und Außenbeleuchtungs-Herstellern vertreten, die ihre Produkte vorstellten.
Positiv war dabei allein, dass viele Hersteller durchaus voll abgeschirmte Leuchten im Angebot haben und dass bei manchen zumindest im Gespräch auch die Lichtverschmutzung und die Auswirkungen ungesunden Lichts auf Nachfrage angesprochen wurden - mehr aber auch nicht.
Das Thema umweltgerechte Beleuchtung an sich scheint, abgesehen von der Leuchtmittel-Effizienz, bei den Herstellern noch nicht angekommen zu sein, schon gar nicht als Verkaufsargument. Leider lassen sich viele Kunden vom Angebot der Hersteller "blenden", statt auf die Grundsätze richtiger und umweltgerechter Beleuchtung zu bestehen. Hier fehlt bei vielen Kunden leider auch das Wissen dazu und die Sensibilisierung für das Thema.
Negativ war die oft zu kalte Lichtfarbe, die an vielen Messeständen gezeigt wurde, und die zu große Leuchtstärke mancher Straßenleuchten. Viele Hersteller zeigten auch Straßenleuchten mit wenig sinnvoller und deutlich blendender Lichtabstrahlung oder gar Lichteffekten, weit weg von umweltgerechter und fortschrittlicher Beleuchtung. Leider zeigten sich auch viele Berater wenig sensibilisiert für Lichtverschmutzung und Lichtfarbe und sahen das eher als exotisches Randproblem. Dabei könnte gerade die Ausrichtung auf umweltgerechte Beleuchtung dem Kunden einen Mehrwert bringen. Jedenfalls ist man nach einem Tag auf der Messe mit all ihren grellen, blendenden und kalten Beleuchtungen froh, mal wieder etwas im Dunkeln zu sein...
Eine lobenswerte Ausnahme war ein Gespräch über Straßenbeleuchtung in Skandinavien, das sich mit der dortigen Mitarbeiterin eines deutschen Leuchtenherstellers ergab. So werde in Skandinavien warmweiße, blendfreie und angenehme Beleuchtung angestrebt, anders als z.B. in Deutschland, wo mit neutral- und kaltweißer Beleuchtung hauptsächlich die Effizienz im Vordergrund stehe und weniger der Mensch und das Ortsbild. Wäre diese Ansicht weiter verbreitet, wären die Probleme durch Lichtverschmutzung deutlich geringer!
Auch Harald Bardenhagen von der Astronomie-Werkstatt "Sterne ohne Grenzen" aus Köln, der den anerkannten Sternenpark Nationalpark Eifel mit initiiert hat, hat die Light+Building besucht. Er beschäftigt sich selbst ausführlich mit Lichttechnik, führt eigene Messungen durch und untersucht verschiedene technische Möglichkeiten zur Minimierung des Blauanteils von Leuchten. Wir haben ihn um einen Gastkommentar gebeten:
"Die meisten der auf die Problematik der Lichtverschmutzung oder Belastung durch künstliches Licht in der Nacht angesprochenen Leuchtenhersteller zeigten kaum Verständnis oder Kenntnis über die negativen Wirkungen von Licht auf die Natur und Umwelt, auf die menschliche Gesundheit sowie den Verlust eines sternenreichen Nachthimmels.
Für die allein schon aus lichttechnischen Aspekten erforderliche möglichst geringe Blendung durch die Lichtquelle selbst wurde keine überzeugende Lösung präsentiert. Auf den Aspekt Umweltschutz angesprochen wurde gebetsmühlenhaft auf die gesteigerte Energieeffizienz der LEDs im Vergleich zu anderen Leuchtkörpern hingewiesen.
Generell erklärten die Hersteller, dass sie das liefern was die Kunden wünschen - und das wäre nun einmal in aller Regel 4000 Kelvin Lichtfarbe für die Außenbeleuchtung. Kundespezifische Forderungen wie z.B. Vermeidung von Blauanteil durch extrem warmweißes Licht (unter 2700 K) oder pc-amber/amber Licht (durch amber oder c-amber LED oder entsprechende Filter) würde man auf ausdrücklichen Kundenwunsch natürlich (zu höheren Preisen) liefern können. Man schaue sich die Marketingmaterialien der Firmen an und bilde sich ein eigenes Urteil - weißes Licht in der Außenbeleuchtung wird aktiv und aggressiv beworben, belastungsärmeres Licht der gelben Natriumlampen verunglimpft.
Vier Hersteller aus dem Ausland, die Vertriebserfahrung in bereits durch Gesetze oder Verordnungen regulierten Märkten der Außenbeleuchtung haben (wie Spanien oder Italien), haben übereinstimmend geäußert: solange es keine Vorschriften, Regulierungen oder Gesetze hinsichtlich aller Aspekte der Belastung durch künstliches Licht in der Nacht gibt, wird das verkauft, was am meisten Gewinn verspricht - Punkt. Und mit dem Mythos der Insektenverträglichkeit und Energieeinsparungen durch LED-Einsatz wird ein effektives Marketing betrieben.
Aus dem Munde von Andrej Mohar, einem der "Väter" des ersten europäischen Gesetzes gegen Lichtverschmutzung in Slowenien, stammt folgender anschaulicher Vergleich: Würde es für Lärm und Abgas keine gesetzlichen Vorschriften geben, dann würden Kraftfahrzeuge, die ohne Auspuff, ohne Katalysator oder Dieselpartikelfilter ausgerüstet sind, unter dem Energieeinsparungsaspekt "Umweltschutzsieger" sein. Kein vernünftiger Mensch käme auf die abstruse Idee ein Auto ohne Auspuff zu fahren, nur um dadurch etwas Kraftstoff zu einzusparen. Bei der nächtlichen Außenbeleuchtung leisten wir uns solch einen Unsinn! Es gibt keine wirksame gesetzliche Regulierung gegen Lichtbelastung, und für den überwiegenden Teil der professionellen Anbieter ist das Thema ein Tabu: Shame on you!
Aufklärung und Informations- und Öffentlichkeitsarbeit über den Wert der natürlichen Nacht und die Belastung durch künstliches Licht und das Propagieren von Lösungsmöglichkeiten ist unverzichtbar, wenn aber versäumt wird, gleichzeitig für geeignete Regulierung zu werben und diese auf der politischen Ebene umzusetzen, werden all diese Bemühungen nur punktuell wirken, im Wesentlichen wirkungslos sein und der Trend der Zunahme der Lichtverschmutzung wird nicht aufgehalten werden."
Vielen Dank an Harald Bardenhagen für diese deutliche Einschätzung.
Wir werden die entstanden Kontakte der Messe nutzen, uns weiter für umweltgerechte Beleuchtung einzusetzen. Bei der Vielzahl an Herstellern und der Produktbreite ist es wichtig, dass besonders von Seiten des Kunden, also z.B. Städten und Gemeinden, die Nachfrage nach umweltgerechter Beleuchtung kommt. Den Herstellern ist es letztlich egal, was sie verkaufen. Den Schaden haben nachher die Städte und Gemeinden, wenn sie langfristig in falsche Lichttechnik investieren. Daher achten Sie bitte auf abgeschirmte, warmweiße, maßvolle und energieeffiziente Beleuchtung!
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Foto: Alexander Bertram